62. Christoph-Gärtner-Auktion: Auflösung von zwei bedeutenden Sammlungen Großbritannien und Altdeutschland

Einen ersten Einblick in die Sommerauktion des Auktionshauses Christoph Gärtner konnten wir bereits in unserem März-Heft (Seite 47) geben, als wir Top-Stücke aus dem zweiten Teil der Sammlung „Rotes Kreuz“ sowie der Philatelie des Nahen Ostens und der Golfstaaten vorstellten. In dieser Ausgabe möchten wir den Blick auf zwei Kollektionen eines leidenschaftlichen Philatelisten werfen, die im Rahmen der Versteigerung detailliert werden. Es handelt sich um die Gebiete „Großbritannien“ und „Altdeutsche Staaten“, die in einem Sonderkatalog präsentiert und auch über Philasearch live angeboten werden.
Marktfrisches Material
Sie stammen aus dem Besitz von Karl Heinz Schrader (1922–2020), der sein Leben mit großer Hingabe der Philatelie widmete. Schon in jungen Jahren begann er, inspiriert von seinem Vater, Briefmarken zu sammeln. 1960 erwarb er seine erste „Black Penny“. Neben seiner beruflichen Laufbahn als Unternehmer blieb das Sammeln von Briefen und Marken seine größte Leidenschaft. Über Jahrzehnte baute er bedeutende Sammlungen zur britischen und altdeutschen Philatelie auf und teilte sein Wissen über die Geschichte der Post mit Begeisterung. Selbst kurz vor seinem Tod erweiterte er noch seine Sammlung. Nun haben seine Erben entschieden, diese in neue Hände zu geben, um anderen Sammlern die Freude am Besitz einzelner Stücke zu ermöglichen.
Das Angebot „Großbritannien“ begeistert mit einer herausragenden Auswahl von rund 100 Briefen und Mulready-Ganzsachen, größtenteils frankiert mit der „Penny Black“, der weltweit ersten Briefmarke. Darunter sind seltene Belege ab dem 7. Mai 1840 (zweiter Ausgabetag). Enthalten sind Briefe von allen Platten (1-11) sowie einige mit zusätzlichen ungezähnten Marken wie der 1 Penny Rot, der 2 Pence Blau und den „Embossed“-Ausgaben (1 Shilling, 10 Pence und 6 Pence). Ergänzt wird die Kollektion durch Briefe mit den ersten gezähnten Marken. Ein Blickfang ist ein am 17. Februar 1841 in Mallow aufgegebener Papierspitzen-Valentine-Umschlag mit einer „Penny Black“ von der Platte 5 mit den Buchstaben „SC“ unten. Nur wenige solcher Umschläge mit der ersten Briefmarke der Welt sind bekannt. Vermutlich ist dies der einzige, der in Irland verwendet wurde. Er startet mit 3000 Euro. Mit 1000 Euro ist ein Mulready-Umschlag mit einer hinzufrankierten „Penny Black“ angesetzt, mit der das Porto von 2d für einen doppelt schweren Brief von 1⁄2 Unze bis weniger als 1 Unze bezahlt wurde. Optisch schön und attraktiv ist auch ein Schiffsfrachtbrief mit vier Exemplaren der „Penny Black“ mit den Buchstaben „GG“, „HF“, „HI“ und „JE“ ab Liverpool 3. Juli 1840, der mit ebenfalls 1000 Euro ins Rennen geht.

Freuen dürfen sich die Interessenten auch auf die Stücke aus der Alt- deutschland-Sammlung von Karl Heinz Schrader. Rund 140 Briefe verschiedener altdeutscher Staaten warten auf neue Liebhaber. Der Schwerpunkt liegt bei Baden und hier insbesondere Bunt- und Mischfrankaturen, die teilweise seit Jahrzehnten nicht mehr auf dem Markt waren. Mindestens 1500 Euro sind für eine seltene badische Drei-Farben-Mischfrankatur der 9 Kr. schwarz auf lilarosa mit der 6 Kr. schwarz auf gelb und der 3 Kr. schwarz auf blau zu zahlen. Braunschweig lockt mit der größten bekannten Streifeneinheit der 1 Sgr. karmin von 1852, einem waagerechten Dreierstreifen ab Wolfenbüttel (2500 Euro). Eine seltene Mehrfachfrankatur der Hamburg 1⁄2 Sch. schwarz von 1859 auf Brief aus bekannter Korrespondenz nach Bergedorf, die sich u. a. einmal in den Sammlungen Burrus und Kuphal befand, ist mit 3500 Euro angesetzt. Lübeck zeigt einen portogerecht nach Mecklenburg-Schwerin frankierten Brief mit der 1⁄2 Sch. dunkelviolettgrau und der 2 Sch. rötlichbraun von 1859. Mit 4500 Euro beginnt eine Drucksache ab Leipzig mit dem berühmten „Sachsen Dreier“, der in diesem Jahr sein 175-jähriges Jubiläum feiern kann.
Auch dieses Jahr versteigert das Auktionshaus Christoph Gärtner im Rahmen der Juni-Auktion wieder zugunsten von ukrainischen Waisen einen Einschreibebrief mit der ikonischen ersten Auflage der „Kriegsschiff Moskwa Fuck Off“, der ca. zwei Monate nach dem Beginn der russischen Invasion mitten aus dem Kriegsgebiet versandt wurde. Für dieses Los verzichten sowohl der Einlieferer (ein bekannter Südtiroler Sammler) als auch das Auktionshaus auf sämtliche Gewinne und Gebühren, so dass der vollständige Versteigerungserlös den ukrainischen Waisenkindern zu Gute kommt.
Internet: www.auktionen-gaertner.de