Schlegel-Sonderauktion „WJ“: Einzigartige Pretiosen von historischer Bedeutung

Der 8. Mai 1945 war das bedeutendste Datum im 20. Jahrhundert. An diesem Tag endete der Zweite Weltkrieg, bei dem über 60 Millionen Menschen durch direkte Kriegseinwirkungen ihr Leben verloren hatten. Das Großdeutsche Reich hatte kapituliert, Deutschland lag in Schutt und Asche. Im Mai jährt sich dieser denkwürdige Tag zum 80. Mal. Das Berliner Auktionshaus Andreas Schlegel nimmt das Jubiläum zum Anlass für eine Sonderauktion am 9. Mai 2025, bei der die philatelistische Geschichte des Dritten Reiches (1933–1945) im Vordergrund steht. Ein historisch bedeutender Bestand von Entwürfen, Essays und Probedrucken bietet Liebhabern erstmals die Möglichkeit, die Vorproduktion einzelner Markenausgaben umfassend zu dokumentieren.
Philatelie als Kriegsbeute
Dass es zu dieser Versteigerung kommen konnte, hängt mit den chaotischen Umständen nach Ende des Zweiten Weltkrieges zusammen. Der erste Eigentümer des Bestandes – von ganz wenigen Ausnahmen abgesehen – war der Wiener Verleger Emanuel Fiscus. Durch seine Verbindungen zur sowjetischen Besatzungsmacht in Österreich gelangte Fiscus in dessen Besitz. Der gesamte Bestand Technik und Druckerzeugnisse aus der Staatsdruckerei Wien galt nach der Eroberung als Kriegsbeute. Was für Pretiosen Fiscus damals an Land gezogen hatte, war lange nur Insidern bekannt, bis der bekannte Versteigerer und Briefmarkenexperte Wolfgang Jakubek, der bis zu seinem Tod am 12. Oktober 2024 die Stücke in seinem Besitz hatte (deshalb auch das Kürzel „WJ“), im Jahr 2017 unter Mitwirkung von Hans-Joachim Schwanke eine zweibändige, hochwertige Dokumention darüber veröffentlichte. Die Versteigerung durch Andreas Schlegel erfolgt in der gleichen Reihenfolge, wie die Ausgaben in den beiden Bänden „Thema 3. Reich“ vorgestellt werden. An den Texten in beiden Bänden orientieren sich auch die deutschen und englischen Beschreibungen, wobei sie zum Teil aber noch ausführlicher gestaltet wurden. Insgesamt handelt es sich um 288 Lose, für die es keine Katalognummern gibt, weil es sie nicht geben kann. Es handelt sich um Stücke aus der Vorproduktion, also bevor die eigentliche Arbeit der Druckerei begann. Manches davon hat trotzdem im Laufe der Jahre Eingang in den MICHEL-Deutschland-Spezial gefunden.
„Das Ende ist der Anfang“, lautet das Motto des Kataloges, denn er startet bei der letzten Ausgabe des Dritten Reiches – von der nur die Volkssturm-Marke noch in Umlauf gekommen sind. Von ihr gibt es als Los Nr. 1 zwei nicht verwirklichte Entwürfe von Werner von Axster-Heudtlass (1800 Euro). Herausragend sind Einzelabzüge und Probedrucke der MiNrn. 909-910, wahre Glanzlichter aber ein Karton mit Probedrucken „SA, SS, NSFK, NSKK“ (35 000-40 000 Euro) und ein einmaliges Ensembles aus vier Vorlagekartons mit den Einzelwerten (60 000- 70 000 Euro). Großen Raum nimmt die Wehrmachtsausgabe von 1943 ein (MiNrn. 873-885), wobei Fotoessays schon für wenige Hundert Euro ausgerufen werden. Beachtung dürften auch die Abzüge vom Urstempel der Mark-Werte aus der Hitler-Dauerserie finden (1200- 2500 Euro). Stark vertreten sind auch Entwürfe, Fotoessays, Abzüge und Probedrucke von den Ausgaben, die zu den verschiedenen Pferderennen im Dritten Reich verausgabt wurden. Für Thematiker könnten die Lose zu Wolfgang Amadeus Mozart, den Olympischen Winterspielen 1936, dem Europäischen Postkongress 1942 oder zum Tag der Briefmarke von Interesse sein. Von der Ausgabe „800 Jahre Hansestadt Lübeck“, der ersten mit der Inschrift „Großdeutsches Reich“, gibt es einige Fotoessays und Probedrucke (ab 400 Euro). Eine große Auswahl bieten auch die drei Ausgaben des sog. Kameradschafts-Blocks. Am Ende des Angebotes steht aus historischer Sicht der bedeutendste aller Künstler-Entwürfe aus der Ära 1933 bis 1945. Es sind Motiv-Darstellungen für die ersten neun Sondermarken aus der Epoche des Dritten Reiches. Die Markenbilder schuf Alois Kolb, einer der größten Designer der 1920er und 1930er Jahre, der für eindrucksvolle Darstellungen bekannt war. Kolb datierte seine Entwürfe „13.3.1933“ auf der Rückseite von einem schwarzen Vorlagekarton mit Prägesiegel der Reichsdruckerei Berlin. Sie zeigen Motive aus den Wagner-Opern. Der einmalige Vorlagekarton hat einen Schätzpreis von 10 000-12 000 Euro.
Vom 2. bis 4. Juni 2025 folgt die eigentliche Frühjahrsauktion bei Schlegel, über die wir in unserer Juni-Ausgabe berichten werden.
Internet: www.auktionshaus-Schlegel.de