1. Sellschopp-Auktion: Altdeutschland vom Feinsten

Frühester Nachweis einer Bremer Briefmarke: Die MiNr. 1 y auf Brief vom 19. Juni 1855 steigerte von 5000 auf 15 000 Euro!

Mit der 1. Sellschopp-Auktion am 6. Mai 2021 lebte eine mehr als 125-jährige Tradition wieder auf. Am 19. März 1892 führte Wilhelm Sell­schopp in San Francisco seine erste Briefmarken-Versteigerung durch. Nach dem verheerenden Erdbeben 1906 verlegte er seinen Firmensitz nach Hamburg, wo das alteingesessene Ladengeschäft bis heute be­steht. Im letzten Jahr wurde mit der Gründung der Wilhelm Sellschopp Auk­tionen GmbH der Faden wieder aufgenommen. Auch die 1. Auktion nach neuer Zählweise setzte den aus den Sellschopp-Raritätenlisten be­kann­ten Schwerpunkt auf die altdeutschen Gebiete, wobei Bremen und Preu­ßen herausstachen. 13 Stunden kämpften 400 Bieter um die etwas über 1400 Lose.

Früheste Bremenfrankatur

Von dem anspruchsvollen Sammel­ge­biet Bremen hatte die neue Auk­tions­firma, an der der Bremer Raritä­ten­händ­ler Till Neumann als geschäftsführender Hauptgesellschafter beteiligt ist, eine über Jahrzehnte aufgebaute Sammlung erhalten, die mit einer Reihe einmaliger Briefe und einigen ungebrauchten Be­sonderheiten glänzte. Gleich zu Beginn konnte ein neuentdecktes Unikat aus einem seit 150 Jahren unberührten Ar­chiv präsentiert werden: die MiNr. 1 y als Einzelfran­katur auf einem Brief ab Bremerhaven vom 19. Juni 1855. Die früheste be­kannte Verwendung von Bremens erste Briefmarke konnte mit 15 000 Euro ihren Ansatz verdreifachen. Die MiNr. 1 x auf schönem Brief von Bremerhaven nach Bremen, der frü­her u. a. die Sammlung von Arthur Salm zierte, sprang von 2500 auf 10 500 Euro. Mit 22 000 Euro knapp unterhalb der Taxierung lief eine extrem seltene Doppelfrankatur der MiNr. 3 auf Brief nach Norwegen ein. Mit 5000 (4000) Euro wurde eine Einzelfrankatur der MiNr. 5 a zugeschla­gen, die seit 50 Jah­ren nicht mehr auf dem Markt war. Zum Ausruf von 15 000 Euro nahm ein Bie­ter einen Origi­nal­bogen der 10-Gro­te-Marke (Mi­Nr. 14) mit, der mit Maurice Bur­rus, John R. Boker jr. und Arthur Salm prominente Vorbesitzer hat. Absolut perfekt und taufrisch zeigte sich Brief von Bre­men vom 31. Dezember 1867 mit ei­ner Einzelfrankatur der MiNr. 14 nach Stockholm, der gleichzeitig das Ende der Bremer Markenausgaben mar­kiert. Dieser Letzttagsbrief, der zuletzt 1971 angeboten wurde und nur wenigen In­sidern bekannt war, sprang von 15 000 auf 19 000 Euro. Von Preußen kam der erste Teil eines be­deutenden Bestandes unter den Ham­mer. Von 3000 auf 14 500 Euro schoss ein einmaliger Pro­-
bedruck der 1 Sil­ber­groschen mit guilloche-ähnlicher Einfassung im Block­format (MiNr. 2 P), nachdem der Pro­bedruck MiNr. 1 P bereits von 2000 auf 5000 Euro da­vongeeilt war. Von 3000 auf 7000 Eu­ro entwickelte sich ein 9er-Block der MiNr. 5 a mit rechtem Bo­genrand. Ein ungebrauchtes Lu­xus­stück der seltenen Farbnuance Mi­Nr. 11 c konnte zum Ausruf von 10 000 Euro zugeschlagen werden. Dass sich andere altdeutsche Gebiete nicht hinter diesen Ergebnissen zu verstecken brauchten, zeigten beispielsweise 30 000 (25 000) Euro für die größte Einheit der Hamburg MiNr. 4, einen waagerechten 3er-Streifen, auf Luxus­brief nach New York (Katalogtitel).

Zu der hervorragenden Verkaufsquote von 85 Prozent hat natürlich zum einen das attraktive Material beigetragen, das in einzelnen Fällen Jahrzehnte nicht oder erstmals auf dem Markt war wie die Briefe aus der Walte-Korrespon­denz, zu der auch die neuentdeckte Bremen Mi­Nr. 1 y auf Brief vom 19. Juni 1855 ge­hörte. Zum anderen wurden die Stücke sehr ansprechend in einem hochwertig produzierten Kata­log angeboten, wo­bei die Schriftgröße zum Lesen der sach­kundigen Beschreibungen geradezu einlud. Die ungebrochene Nachfrage nach Raritäten hat sich einmal mehr bestätigt, ebenso der Trend, dass der seit zwei Jahren laufende Verkauf altdeutscher Pretiosen aus der Erivan-Sammlung den Markt insgesamt belebt hat. Eine Verkaufsquote von sogar 100 Prozent brachte eine kleine Qualitäts­sammlung „Goldmünzen des Deut­schen Kaiserreiches“, die in einem Son­derkatalog präsentiert wurde. Eine 20-Mark-Münze Heinrich XXII 1859–1902 (Jaeger 254) kletterte von 15 000 auf 29 000 Euro, eine 20-Mark-Münze Adolf Georg 1860–1893 (Jaeger 284) von 10 000 auf 14 000 Euro. Für den Spitzenzuschlag von 41 000 (25 000) Euro sorgte eine 20 Neuguinea-Mark 1895 A (Jaeger N 709). Die beiden Auktionsschwerpunkte – Altdeutsch­land und Münzen – sollen auch auf den künftig zweimal jährlich geplanten Versteigerungen beibehalten werden.

Internet: www.sellschopp-auktionen.de