3. ERIVAN-Auktion Altdeutschland: 300 000 Euro für einzigen Brief mit dem Stockach-Provisorium!

Landete im sechsstelligen Bereich: eingeschriebener Württemberg-Brief mit dem großen Mühlradstempel von Tuttlingen.

316 berühmte Briefmarken und Briefe haben stolze neue Besitzer gefunden. Am 27. Juni fand die dritte Auktion zum Sammelgebiet Altdeutsche Staaten der Briefmarkensammlung des ehemaligen Tengelmann-Chefs Erivan Haub statt. Sie gilt als eine der weltweit bedeutendsten Samm­lungen der vergangenen hundert Jahre. Höhepunkt war die Versteige­rung des einzigen vollständig erhaltenen Briefes mit dem berühmten Stockach-Provisorium aus Baden, der von 100 000 auf 300 000 Euro sprang. Ausgerichtet wurde die Versteigerung vom ältesten Briefmar­kenauktionshaus Deutschlands, dem Auktionshaus Heinrich Köhler in Wiesbaden.

Außergewöhnliche Sammlung

Die versteigerten Briefmarken und Brie­fe erzielten insgesamt mehr als 2,5 Mil­lionen Euro. Extreme Aufsteigerungen und intensive Bieterkämpfe waren bei der außergewöhnlichen Auktion an der Tagesordnung. So steigerten eingefleischte Sammler einen Brief aus Würt­temberg mit seltenem Mühlradstempel auf 110 000 Euro bei einem Startgebot von 10 000 Euro. Zuletzt wurde der Brief 1988 bei einer Auktion für umgerechnet circa 29 000 Euro erworben. Die Sammlung ERIVAN hat eine bis heu­te andauernde Dynamik in der philatelistischen Welt ausgelöst. Das war an dem Auktionssamstag in Wiesbaden deut­lich spürbar.

„Das Interesse an der dritten Auktion der Altdeutschland-Philatelie und die Ergebnisse haben uns geradezu überwältigt. Bei allen Sammelgebieten von Baden bis Württemberg war die Mo­tivation riesig. Fünf Briefe und Brief­marken wurden bis in den sechsstelligen Bereich gesteigert“, sagt Dieter Mi­chelson, geschäftsführender Gesell­schaf­ter des Auktionshauses Heinrich Köhler. „Über 1200 verschiedene Samm­ler und Händler aus der ganzen Welt ha­ben mitgeboten. Sie be­teiligten sich im Saal, am Telefon oder on­line.“

Die Highlights im De­tail:
Das Stockach-Pro­vi­so­rium gehörte zu den begehrtesten philatelistischen Stücken der Auk­ti­on. Der Wert er­gibt sich aus einem Makel: Die 3-Kreuzer-Briefmarke ist versehentlich ohne Zäh­nung statt mit Zähnung an das Post­amt in Stockach/ Ba­den ausgeliefert worden. Bei der letzten Versteigerung des Briefes (siehe DBR 6/20, Seite 48) im Jahr 1987 fiel der Hammer bei um­gerechnet circa 140 000 Euro (280 000 DM).

Ein Bogen mit 40 Exemplaren der ersten Briefmarke Deutschlands, der 1 Kreu­zer Schwarz aus Bayern, kam nach über 90 Jahren das erste Mal wieder zum Verkauf. Er wechselte für stolze 260 000 (100 000) Euro den Besitzer. Auch hier bestimmt ein Versäumnis den hohen Wert: Die Trennung des Bogens wurde vergessen.

Der seltene Helgoland-Brief mit Ham­bur­ger Briefmarke von 1866 (siehe DBR 6/20, Seite 48) ist Zeuge der Zeit, als die Insel die kleinste Kronkolonie des Britischen Weltreiches war. 1890 übertrug das Vereinigte Königreich die Nord­seeinsel an das Deutsche Reich. Der Helgoland-Brief aus der britischen Ko­lonialzeit zog von 30 000 auf 100 000 Euro davon.

Der preußische Brief mit der sogenannten Bromberg-Halbierung, einer diagonal halbierten Briefmarke, wurde unbeanstandet befördert, obwohl die Ver­wendung halber Briefmarken nicht vorgesehen war. Fast eine Sensation bei der sonst sprichwörtlichen preußischen Folgsamkeit. Er kletterte von 50 000 auf 130 000 Euro.

„Wir erleben zurzeit historische Mo­mente der Philatelie, die Auswirkungen auf die gesamte internationale Branche haben. Die Ergebnisse der dritten Auk­tion zeigen, dass wir momentan wirklich von außergewöhnlichen Zeiten spre­chen können. Die Beschäftigung mit Briefmarken und die Philatelie, ein Hob­by, das Sammler in den eigenen vier Wänden betreiben können, ist wieder in den Fokus gerückt“, sagt Karl Louis, ebenfalls geschäftsführender Ge­sell­schafter des Heinrich Köhler Aukti­ons­hauses. „Die Sammlung wurde aus dem Schrank oder vom Dachboden geholt, und die Faszination Briefmarke blüht auf. Viele Sammler haben die Brief­mar­ke auch als Investition in ein spannendes Hobby wiederentdeckt, was nicht zuletzt die Ergebnisse vom Samstag be­legen.“

Internet: www.heinrich-koehler.de