67. Aix-Phila-Auktion: Der Bogenrand war der Star

Schoss von 200 auf 3700 Euro: Päckchenadresse mit Paar der 25 Pf Post­horn mit Hausauftragsnummer aus der Sammlung Schwarz.

Die Corona-Pandemie hat zu einer Rückbesinnung auf das Briefmar­kenhobby und zu einer Intensivierung der Sammelleidenschaft geführt. Briefmarkenauktionen profitieren von diesem Trend – vor allem, wenn sie digital gut aufgestellt sind. Meist sind es aber gesuchte Raritäten, die dort für Aufsehen und hohe Zuschläge sorgen. Auf der letzten Versteigerung von Aix-Phila vom 20. bis 23. Januar 2021 rückte aber mal ein Randgebiet in den Mittelpunkt. Die Auflösung der Referenz­samm­lung „Bogenrandzudrucke“ von Günther Schwarz mobilisierte viele Samm­ler und brachte ein überwältigendes Ergebnis. Für Schwarz, der die Ver­steigerung am Bildschirm verfolgte, war es gleichzeitig eine schöne Be­stätigung seiner jahrzehntelangen Nischen-Leidenschaft.

Herausragende Resultate

Noch vor einem Jahr hätten nicht wenige Auktionatoren eine Krise gekriegt, wenn man ihnen gesagt hätte, dass sie ihre Versteigerungen ohne Saalpubli­kum abhalten müssten. Nach dem Auf und Ab der Corona-Pandemie sind On­line-Auktionen inzwischen fast „bu­si­ness as usual“. Auch auf der 67. Aix-Phila-Auk­tion war kein Publikum zu­gelassen. Ein Nachteil war das nicht. Weit mehr als 1000 Interessenten, die sich schriftlich beteiligten, und mehr als 500 Live­bie­ter sorgten für eine ungewöhnlich ho­he Beteiligung. Als am Samstag­abend zum Abschluss Brief­markensamm­lun­gen aus Übersee bis nach 23 Uhr versteigert wurden, waren es noch 271 Philatelisten, die dem Ge­schehen aktiv folgten und für herausragende Resul­tate sorgten. So schoss ei­ne Afrika­sammlung bis 1925 von 500 auf 2500 Euro, Australien von 100 auf 1950 Eu­ro, eine Themensammlung „Schrift“ er­zielte nach einem Ausruf von 250 stolze 1000 Euro und eine mo­derne Partie VR China 5200 (3000) Eu­ro. Vorab gab es bei den deutschen und europäischen Sammelgebieten ähn­-
liche Steigerungen: Ein Briefepos­ten Ita­lien erzielte 5300 (1000) Euro, eine Samm­lung Frank­reich 5200 (2000) Euro, eine siebenbän­dige Aus­stel­lungs­sammlung Schweiz landete nach heißen Bieterkämpfen bei 7200 (3000) Eu­ro und eine Kollek­tion Deut­sche Ko­lo­nien bei 6400 (1500) Euro.

Nahezu vollständig mit teils beachtlichen Steigerungen wur­den Einzellose deutscher Sammelge­biete zugeschlagen. Der Dienstmar­ken­satz CIS von Schleswig kletterte von 800 auf 1450 Euro. Überdruckmarken aus dem Sudetenland, wie zum Beispiel der Ma­saryk-Block mit kleinen Bean­stan­dun­gen, der sich von 1000 auf 2400 Euro mehr als verdoppelte, waren heiß be­gehrt. Große Beachtung fand auch eine starke Abteilung „Postgeschichte aus dem Generalgouvernement“. Hier kletterte ein Dienstbrief von Lublin nach Berlin mit „Siegesstempel“ von 60 auf 220 Euro oder eine Ganzsachen­karte von Krakau nach Braun­lage von 80 auf 300 Euro. Bemer­kens­wert war auch die Tatsache, dass die deut­sche Standard­ware nach 1945 fast vollständig abgesetzt werden konnte. Zwei Ersttags­briefe der Bun­des­republik mit den Freimarken zu 2 und
3 Mark aus der Heuss-Serie schossen jeweils von 500 auf 1550 Euro. Bo­gen­ware aus Luxemburg fand bei beachtlichen Steigerungen reißenden Absatz. Polens Nr. 1 auf Brief ging für 2100 (500) Euro in neue Hände, die Land­schaftsserie aus der VR China lief mit 1050 (400) Euro ein.

Starke Nachfrage nach Spezialitäten

In einem Sonderkatalog mit 975 Po­sitionen kam die Referenzsammlung „Bo­genrandzudrucke“ von Günther Schwarz unter den Hammer. Sie enthielt Bo­gen­randsignaturen aller Art wie Druckda­ten, Druckerzeichen, Zähl-, Form-, Haus­auftragsnummern, korrigierte Bogen­wertzähler und Ähnliches, die zumeist gegen „Gebot“ ausgerufen wurden. Das hat die Bieter erst richtig heiß gemacht. Das Ergebnis war auch deshalb überwältigend: Der Gesamt­aus­ruf wurde um das Dreieinhalbfache getoppt! Wie beliebt dieses Sammel­gebiet bei den Deutschland-Philatelis­ten offenbar ist, zeigt die Tatsache, dass sich nach schrift­lichen Vorgeboten auf mehr als 70 % der knapp 1000 Posi­tionen bei der Co­rona-bedingt online durchgeführten Ver­steigerung weitere 130 Bieter live gleich­zeitig angemeldet hatten und fast neun Stunden unermüdlich mitsteigerten. 3700 Euro für eine Päckchenadresse mit HAN (siehe Foto), 2700 (400) Euro für ein Eck­randstück der 70 Pf Heuss mit Form­nummer 4 oder 960 (150) Euro für die Berlin MiNr. 72 mit Platten­num­mer 4 auf Brief seien als Beispiele ge­nannt.

Zusammen mit den Bogenrandzu­dru­cken aus der Sammlung Schwarz und einem beachtlichen Münzteil konnte das Auktionshaus Aix-Phila knapp 90 % des gesamten Angebotes von mehr als 4300 Losen verkaufen, wobei sich der Gesamt­ausruf beinahe verdoppelte.

Internet: www.aixphila.de